Segnungen

Als in Deutschland im Jahr 2017 die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt wurde, diskutierte ich mit zwei Kolleginnen darüber. Die eine aus Loyalität katholisch, aber nicht praktizierend, die andere evangelisch, ebenfalls nicht praktizierend und in Überlegung, aus der Kirche auszutreten. Beide setzten sich für diese gleichgeschlechtliche Ehe ein, fanden das entsprechende Gesetzt dazu längst überfällig. Und sie hatten kein Verständnis dafür, dass die katholische Kirche hier einen ganz anderen Kurs fährt.

Nun nahm ich in dieser Diskussion die Sache sehr ernst und dachte laut konsequent weiter und schlug den beiden vor: warum die staatliche Ehe nur auf hetero- oder gleichgeschlechtliche Paare begrenzen? Wenn man schon die Ehe öffnet, entscheidend dafür macht, dass Menschen sich aneinander binden, warum schließt man dann aber andere Menschen weiterhin aus, die aus freiem Willen z.B. eine Beziehung zu dritt oder gar noch mehreren Personen eingehen möchten? Welches Argument hat ein säkularer Staat, dies zu verbieten? Klar es gibt das Verbot der Viel-Ehe, aber warum? Wenn alle Beteiligten freiwillig eine solche Verbindung eingehen, was steht einem säkularen Staat zu, darüber zu urteilen, ob das richtig ist oder nicht? Die beiden Kolleginnen schauten mich verdutzt und empört an und brachten das auch stammelnd zum Ausdruck. Aber es viel ihnen kaum Grund ein, warum der Staat dies verbieten könne. Einzig, dass eine Trennung bei mehreren Personen schwierig wäre. Diesen Grund hielt ich nicht für ausreichend, denn auch so etwas kann man vertraglich regeln. Es gäbe nichts, was sich nicht regeln ließe.

Nun gab ich also an, dass staatlich gesehen, jegliche Form der Ehe möglich sein müsste. Dass aber andererseits eine Kirche auch das Recht hat, eine aus ihrer Sicht besondere und einzigartige Form des Zusammenlebens, nämlich dem zwischen Mann und Frau als ein Sakrament zu sehen und entsprechend zu segnen.

Es gab in dieser Diskussion keine Annäherung.

Nun ploppt diese Diskussion wieder auf. Und ich gehe nun einen gedanklichen Schritt weiter:

Ja, warum sollte nicht nur der Staat, sondern nicht auch die Kirche einer jeglichen Form menschlichen Zusammenlebens, egal welchen Geschlechts und eben auch welcher Anzahl an Beteiligten, welches unter die Absicht gestellt wird, dass dieses Zusammenleben für eine fest geschriebene Zeit, das können z.B. 20 Jahre für die Zeit z.B. des Großziehens von Kindern sein, oder eben bis der Tod sie scheidet, den Segen geben? Ist nicht auch in einer solchen Verbindung Gott erfahrbar als der, der gelingendes Zusammenleben gutheißt?

Und ich gehe nochmals einen Schritt weiter. Viele fordern ja die Aufhebung des Zölibats. Auch ich stehe dem offen gegenüber und schaue da auf unsere orthodoxen Glaubensbrüder. Und wenn nun das Zölibat freigestellt würde, es also auch verheiratete Priester geben kann, dann dürften auch diese in gleichgeschlechtlichen und/oder polygamen Ehen leben dürfen.

So, was haltet Ihr davon? Gibt es etwas, was die Kirche weiterhin anführen kann um allein die Ehe zwischen Mann und Frau zu segnen?

Achtung: Dieser mein Gedanke ist nicht meine Meinung! Er ist eine Zuspitzung um dahin zurück zu führen, worum es eigentlich geht …

Wo sind die Menschen – Fortsetzung

Auf meinen vorhergehenden Gedanken „Wo sind die Menschen“ vom 25.12.2020 schrieb mir eine Leserin und erläuterte, warum sie aufgrund der aktuellen Corona-Situation und der Sorge um Ansteckung nicht in die Gottesdienste geht. Wie ihr ergeht es sicher noch einigen Anderen.

Eigentlich ging es mir bei meinem vorausgehenden Gedanken weniger um die Menschen, die an den Weihnachtstagen nicht in die Gottesdienste kamen. Viel mehr ging es mir um die Erwartungen und Vorstellungen mancher KollegInnen in den pastoralen Diensten, die mit manchen Aktionen den Eindruck vermitteln, als ob alle Menschen darunter leiden würden, dass nun das Gemeindeleben bis auf Gottesdienstbesuche eingestellt ist. Da werden auf einmal Menschen angerufen, angeschrieben, aufgesucht, zu denen man vor der Pandemie nie Kontakt hatte. Warum jetzt?

Natürlich gibt es Menschen, die jetzt noch mehr unter Einsamkeit leiden. Aber ist es der Pfarrer oder der Pastorale Mitarbeiter, der da Abhilfe schaffen kann? Können wir „Kirchenmänner" und "Kirchenfrauen“ wirklich das kompensieren, was den meisten nun fehlt: der Kontakt zur Familie, zu Freunden, Nachbarn … Versteckt sich da nicht Selbstüberschätzung, vielleicht sogar auch Klerikalismus dahinter, wenn wir nun meinen, die Menschen – egal ob wir sie kennen oder nicht – durch unser Telefonat, durch unsere Videobotschaften, durch Karten, Briefe etc. aus der Einsamkeit holen zu können?

Manche Pastoralen Mitarbeiter aber auch Strategen in den Bischöflichen Ordinariaten scheinen immer noch der romantischen Vorstellung anzuhängen, dass Kirche der Mittelpunkt allen Lebens ist. Manche haben als Hauptberufliche noch nie etwas anderes gemacht und gelebt als im Zentrum von Kirche zu sein. Für sie scheint es von morgens bis Abends nix anderes zu geben. Und das übertragen sie – oft unbewusst – auch auf die sichtbaren und unsichtbaren Gemeindemitglieder. Und dann muss ja das Wegbrechen von Gemeindeleben für Alle eine Katastrophe sein.

Aber ist die Realität nicht eine andere? Die meisten hatten die Kirche schon längst abgeschrieben. Viele sind noch aus Gewohnheit oder aus schlechtem Gewissen irgendjemandem oder irgendetwas gegenüber mehr oder weniger regelmäßig in die Kirche gegangen. Für viele ist Corona, was das kirchliche Leben angeht, eben nicht die Katastrophe sondern der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, der bequeme Grund endlich mit dem zu brechen, was schon lange unbequem geworden ist.

Und ehrlich gesagt, manchmal erwische ich mich selber, wie ich einen „guten Grund“ suche, mal nicht in den sonntäglichen Gottesdienst gehen zu müssen.

Eigentlich will ich das nicht beklagen, sondern nur benennen. Wir „Kirchenleute“ sollten endlich einsehen, dass wir nicht der Nabel der Welt sind.

Dass für viele der Gottesdienstbesuch schon lange nur noch eine Gewohnheit war – aber auch, dass der Gottesdienstbesuch auch schon vorher das war, was ausgereicht hat, um als Christ zu leben, sollten wir endlich anerkennen. Und wenn jetzt das Gemeindeleben drumherum zusammen bricht, ist das für viele vielleicht gar nicht so schlimm, denn sie können ja immer noch zum Gottesdienst in die Kirche gehen.

Es gibt auch Hoffnung – eine andere als wir bisher erhofft hatten: in der Heiligen Nacht waren nur ca. 30 Gemeindemitglieder im Gottesdienst, einige davon als Familie. Also waren die Menschen vom Altar aus gesehen wirklich sehr überschaubar. Nach dem ersten „Schrecken“ hatte ich aber das Gefühl, mit Menschen einen Gottesdienst feiern zu dürfen, die wirklich aus tiefem Glauben, aus großer Überzeugung und mit viel Vertrauen gekommen sind. Darin liegt die Chance der Zukunft: es werden weniger sein, vielleicht viel weniger. Aber wir werden dann gewiss sein können, dass wir wirklich eine „feste" Glaubensgemeinschaft sind.

Nun möchte ich nochmals zurück kommen auf die Sorge um Ansteckung. Diese Angst will ich nicht ignorieren. Jeder muss sich überlegen, welche Aktivität er für sich selbst und für Andere verantworten kann. Wenn man dieses ernst nimmt, ist es – egal für was man sich entscheidet – nicht einfach, danach auch zu handeln. Es bleibt immer wieder ein Restrisiko oder ein großer Verlust an Menschlichkeit und Glaubensleben und damit ein nicht unerheblicher Konflikt.

Am Tag des Heiligen Abend hatte ich auf den zwei Stationen des Pflegeheims in Bühlerzell je einen Wortgottesdienst gehalten. Ich hatte im Vorfeld eigentlich damit gerechnet, dass das Pflegeheim dies absagt - was aus meiner Sicht sehr vernünftig gewesen wäre. Aber in einem Telefonat wurde mir sehr schnell klar: man wollte unbedingt dass ich komme. Also bin ich hin, hab mich testen lassen, eine FFP-2-Maske getragen und die Gottesdienste mit den BewohnerInnen und MitarbeiterInnen gefeiert. Und beim Feiern wurde mir klar: das ist richtig und wichtig, was ich hier tue!

Dieser Tage habe ich auch von einem Vorfall im Silvestergottesdienst in Murrhardt gehört (ich selbst war in Bühlertann). Dort wurde ein Mann aus der Kirche verwiesen weil er keine Maske trug. Zuerst einmal scheint es richtig zu sein, dass man ihn aus der Kirche verwiesen hat. Aber auf den zweiten Blick wird es schwierig. Dieser Mann gehört schon sehr lange zur Kirchengemeinde, kam oft nicht nur Sonntags in die Kirche, er ist ein tiefgläubiger Mensch, er hatte schon früher kaum Kontakt zu anderen, er hatte schon lange auch für den Nichtmediziner erkennbar große Atemprobleme und tut sich auch deshalb schwer, eine Maske zu tragen. Man hatte sein Nichttragen bisher wohl toleriert: er saß ohne Maske ganz hinten, weit abseits der anderen Gottesdienstteilnehmer im Taufstein-Bereich. Nun ist dort aber eine große Krippe aufgestellt und keine Sitzmöglichkeit mehr. Also hat man ihn wohl letztlich „rausgeschmissen“. In der Sache vielleicht korrekt. Und doch tut es mir im Herzen weh! Hat man nicht versucht, einen neuen Kompromiss, eine neue Lösung zu finden? Wie hat man diesen „Rausschmiss“ vollzogen? Gab und gibt es ein Gespräch? Ich persönlich denke, von diesem Mann ging kein Risiko aus, weil er eben kaum Kontakte hat und sich bisher sehr umsichtig verhalten hatte. Wie sehr beklagen doch viele Menschen das scheinbar unmenschliche Katholische Kirchenrecht und schauen ungeduldig auf unsere Bischöfe und den Papst und hoffen, dass sie endlich ein menschlicheres Kirchenrecht verfassen. Wie oft aber sind wir selber in ganz anderen Bereichen – so wie in obigem Fall – nicht bereit oder fähig, den Einzelfall zu sehen und abzuwägen. Das Kirchenrecht kennt zu Recht die Dispens. Von der Möglichkeit zur Dispens sollten wir alle auch im alltäglichen Miteinander öfter Gebrauch machen. Kann man Menschen wie diesem Mann wirklich zumuten, Monate lang auf die Eucharistie zu verzichten? Wenn es um den Zugang zum Priesteramt, um die mögliche Teilnahme an der Eucharistiefeier geht, dann wird immer schnell mit dem Recht des Volkes Gottes auf diese Feier argumentiert. In oben beschriebenem Fall sieht man das wohl anders.

Ich habe auch nochmals recherchiert. Im Internet habe ich einen einzigen Vorfall finden können bei dem es in einem katholischen Gottesdienst zu einer Ansteckung kam. Dabei hatte ein „positiver" Priester bei der Austeilung der Kommunion wohl mehrere Gläubige angesteckt. Ob er Hygienemaßnahmen eingehalten hatte, wird nicht berichtet.

Ich will Mut machen: unsere Gottesdienste sind sicher – wenn sich alle an die Vorgaben halten. Selbst bei hohen Inzidenz-Zahlen bleibt dann das Ansteckung-Risiko sehr gering. Zudem bieten unsere Kirchen so viel Platz, so viel Möglichkeiten, dass ich noch über die Maßnahmen hinaus für mich persönlich das Risiko minimieren kann in dem ich nicht nur eine Alltags- sondern eine FFP-2-Maske trage (aber bitte richtig, d.h. den Bügel der Nasenkontur angepasst …), in dem ich frühzeitig komme, mir einen Platz suche der abseits der üblicherweise besetzten Plätze liegt, ich kann zur Not auf den Kommuniongang verzichten und nur „geistlich“ kommunizieren, ich kann dann als einer der Letzten die Kirche mit besonders großem Abstand wieder verlassen. Wenn wir so handeln, sind wir sicher auch dann noch ziemlich sicher wenn der mutierte Virus mit einem höheren Infektionspotential bei uns ankommt.

Diese Pandemie wird sicher noch nicht bis Ostern, sicher auch noch nicht im Herbst für Alle überwunden sein. So lange ohne Gottesdienst (und vieles Andere!) auszukommen ohne dass es anderweitig zu großen Belastungen und tragischen Ereignissen kommt, ist für mich nicht vorstellbar. Deswegen ist es aus meiner Sicht gut und richtig, dass wir auch weiterhin verantwortet und mit einem berechtigt guten Gefühl und Gewissen Gottesdienste feiern.

Wo sind die Menschen?

Sehr erschrocken war ich, wie wenig besucht doch gestern und auch heute die Weihnachts-Gottesdienste waren! Hatten wir doch im Vorfeld ernsthaft Sorge, dass die wenigen Plätze nicht ausreichen würden.

Sind die Menschen denn so verstört ob der Kritik zuletzt von Seiten der Ärzteschaft? Sind sie verängstigt angesichts des mutierenden Virus und der steigenden Zahlen?

Oder haben sie die Gelegenheit genutzt, endlich ohne schlechtes Gewissen weil mit einer bequemen Ausrede zuhause bleiben zu können? Es wird sich in den nächsten Wochen und Monaten zeigen, was die Beweggründe sind, sich nicht mehr in einen Gottesdienst zu bewegen.

Zeigen die leeren Bänke nun die nackte Wahrheit, dass sich die Menschen schon längst von der Kirche verabschiedet haben? Zeigen sie, dass all das verzweifelte Bemühen mit allerlei Aktionen, die doch so bedürftigen, einsamen Menschen zuhause zu erreichen, wohl ins schon längst „Leere“ stieß? Dienten diese Aktionen mehr sich selbst als sonst jemandem um zu bezeigen, dass man als Kirche, als „Kirchenmann(Frau)“ noch Relevanz hat? Kommt nun endlich (hoffentlich) dass schreckliche Erwachen, dass Kirche nicht mehr der Mittel- und Höhepunkt, der Glauben nicht mehr Halt für die Menschen heute ist?

Was wird wohl kommen, in den nächsten Wochen und Monaten?

Meinung

Meinung: Verschlossene Kirchen, Pfarrer auf Tauchstation: Die Kirchen geben in der Coronakrise kein gutes Bild ab | SÜDKURIER Online

https://www.suedkurier.de/ueberregional/politik/Verschlossene-Kirchen-Pfarrer-auf-Tauchstation-Die-Kirchen-geben-in-der-Coronakrise-kein-gutes-Bild-ab;art410924,10478423

Meine Rückmeldung zu diesem Artikel an den Autor:

Sehr geehrter Herr Fricker,

Ihre "Meinung" hat mich zuerst einmal getroffen, weil sie mein schlechtes Gewissen oder zumindest meine Rat- und Hilflosigkeit trifft. Als Diakon frage ich mich nämlich tagtäglich, ob und was oder was nicht ich in dieser Zeit der Krise tun soll. Aber dann kam doch Widerspruch in mir auf, welchen ich Ihnen hier mitteilen möchte.

Erstens: Hätten die Kirchen sich gegen ein Verbot der Gottesdienste gewehrt, wären sie noch mehr als bisher und vielleicht sogar noch berechtigter als bisher, als unbelehrbar und von Gestern angesehen worden. All die Menschen, die immer noch die verschiedenen Vorsichtsmaßnahmen aus Ignoranz missachten, hätten dann in den Kirchen ihre Bestätiger gesehen. Und letztlich wäre ein Widerstand pupertär gewesen, weil er auf Dauer nicht hätte aufrecht erhalten werden können ohne gegen den Staat zu rebellieren und die Menschen vor den Kopf gestoßen hätte, welche diese Krise erleiden, aushalten, oder gar mit übergroßem Einsatz gegen sie kämpfen müssen.

Zweitens: Sie haben schon recht, dass nach dieser Krise viele Menschen den Weg in die Kirche nicht mehr finden, weil sie die gemütlichere Variante des Fernseh-Gottesdienstes oder sogar die gänzliche Überflüssigkeit entdeckt haben. Aber was war dann deren Motivation vor der Krise? Und: ist es nicht vielleicht wie bei den anderen Lebens-Beziehungen, den Familien und Freundeskreisen, den Vereinen etc. die in dieser Zeit auch keinen realen Kontakt haben um dann, wenn die Krise überwunden sein wird, nicht weiter auf ihre Familien etc. zu verzichten, sondern durch die Krise, durch den derzeitigen Verzicht vielleicht erst wieder wirklich begreifen, wie wichtig ihnen all das bisher war? Wir zumindest in unserer Kern- und Großfamilie werden sobald dies möglich ist, sicher schnell alle wieder zusammenkommen und ein großes Wiedersehen feiern. Und ich habe die Hoffnung, dass auch die Gemeinden dies so tun werden. Wenn wir Gläubigen wirklich Gläubige sind, uns also als Gemeinschaft, als Kirche begreifen, dann sehen wir diese Zeit als eine Zeit in der Wüste, die uns wieder zu den wirklich wichtigen Dingen, zu einem wahren Glaubens- und Gemeindeleben, zu Gott führen kann.

Diese Krise ist auch für die Kirche eine Phase der Reinigung. Unsere Diözese Rottenburg-Stuttgart hat einen Prozess hinter sich, der u.a. auch die Frage stellte, was wir „Lassen“ können. Dieses „Lassen“ fiel vermutlich vielen am schwersten in diesem Prozess. Noch immer sind viele Menschen, Ehren- wie Hauptamtliche, mit viel Aktionismus und Helfersyndrom unterwegs – nicht wirklich um den anderen, dem Nächsten zur Seite zu stehen, sondern die eigene innere Leere zu verschleiern.

Ich hoffe also auf ein wahres Wiedererblühen kirchlichen Lebens – so wie es die Natur nach einer Katastrophe wie Waldbrand, Vulkanausbruch, Überschwemmung etc. ebenfalls erlebt.

Ich hoffe auf ein Auferstehen, ich hoffe auf Ostern!

Mit freundlichen Grüßen
Harald Sittart

Diakoninnen – Zugang zu Macht und Mitbestimmung?

Im Katholischen Sonntagsblatt Nr. 28 vom 14 Juli 2019 erläutert Bischof Gebhard Fürst, wie weit Frauen schon bis hin in höchste diözesane Gremien Mitverantwortung übernehmen. Diese Aufzählung finde ich beachtlich.

Dieser Beschreibung möchte ich mit Blick auf die Forderung nach der Zugangsmöglichkeit zum Diakonenamt für Frauen nachfolgendes zum Mitbedenken geben. Diese Forderung wird nämlich auch mit den Begründungen geführt, dass Frauen erstens auch Zugang zu den Ämtern und damit zu mehr Mitbestimmung und Machtteilhabe erhalten; und zweitens dadurch der Missbrauch im Amt eingedämmt würde.

Zu zweitem: ich habe sowohl in meinem Zivilberuf als auch in den Strukturen unserer Kirche erlebt, wie auch Frauen ihre (Leitungs-) Macht missbrauchen (auch gegenüber Schutzbefohlenen).

Um also den Missbrauch durch Amt und Macht zu bekämpfen braucht es mehr als nur den Zugang dazu auch für Frauen zu öffnen.

Zu erstem: Wenn Frauen sich durch den Zugang zum Diakonenamt mehr Machtteilhabe und Mitsprache erhoffen, dann könnten sie am Ende enttäuscht werden. Denn die ständigen Diakone haben alles andere als Macht und Mitspracherecht in unserer Kirche. Ständige Diakone sind meist Diakone im Zivilberuf, daher nehmen sie an vielen Gremien – ob auf Gemeindeebene oder bis hin auf Diözesanebene – nicht teil, weil sie nicht dazu gehören, oder auch aufgrund ihres Zivilberufes dazu gar eine Zeit haben. In dem Entscheidungsgremium, dem sie regulär angehören und auch am ehesten teilnehmen, nämlich dem KGR, haben sie kein Stimmrecht. In der Liturgie werden den Diakonen ihr rechtmäßiger Platz und ihre vorrangigen Aufgaben immer wieder streitig gemacht, sowohl von manchen Priestern, von anderen Pastoralen Berufen als auch von ehrenamtlichen Laiendiensten. Oft ziehen sie um des lieben Friedens Willen den „Kürzeren“.

Gerade der ständige Diakonat ist ein Amt, welches keine Macht in weltlichem Sinne hat sondern im Gegenteil mehr als alle anderen auf andere an- und verwiesen ist und gerade deswegen große Demut, Bereitschaft zum Dienen und Mut zur Botenschaft braucht. Je länger ich nun Diakon bin, umso mehr bin ich dankbar dafür, dass wir Diakone eben keine Macht und kein Stimmrecht in irgendwelchen Gremien haben. Wir werden dann gehört, wir haben dann Einfluss, wenn wir wahr- und glaubhaft Zeugnis vom Evangelium bzw. unseres Glaubens durch Wort und Tat geben.

Für die Forderung des Zuganges zum Diakonenamt für Frauen bräuchte es also aus meiner Sicht andere Begründungen wie die der vermeintlichen Möglichkeit zur amtlichen Teilhabe an Macht und Mitbestimmung.

PS: diesen Text schickte ich als Leserbrief an das Katholische Sonntagsblatt, mit der Unterschrift auch eines Mitbruders. Der Text ist aber zu lang und hätte wesentlich gekürzt und damit im Tonfall verhärtet werden müssen. Daher haben wir den Leserbrief zurückgezogen. Wir hatten stattdessen einen Artikel als ein Interview vorgeschlagen, diese Idee wurde leider abgelehnt.

Gemeinsames Abendmahl?

In Ravensburg schlagen die Wogen hoch – aber nicht mehr nur dort. Viele Reaktionen vermitteln mir, dass man mit theologischem Diskurs heutzutage nicht mehr weiter kommt. Man will sich vielleicht gar nicht mehr die Mühe machen, ahnt, dass dann der andere doch recht haben könnte. Und zugeben, dass man es sich nicht zu einfach macht, kostet Kraft. Also werden die Gegner in eine Ecke gestellt, Klischees bemüht und sich selbst stellt man als Unterdrückten dar. Jedes Argument wird dann zur Misshandlung. Vielleicht hilft da ein Vergleich, ein Gleichnis:

ist es denn nicht mit dem voreilig herbeigesehnten, ja erzwungenen Gemeinsamen Abendmahl wie mit vielen Wochenendbeziehungen? Man will wenigstens die schönsten Tage der Woche gemeinsam mit den schönsten Dingen verbringen. Die Erwartungen sind hoch. Doch diese Wochenendbeziehungen scheitern oft daran, das einer oder beide im Letzten nicht breit sind, ihre jeweils eigene Wohnung, ihren Lebensort, Arbeitsplatz, Freundeskreis für die echte und volle gemeinsame Zukunft aufzugeben. Unter der Woche klagen sie jeweils ihrem besten Freund/ihrer besten Freundin ihr Leid, vielleicht schimpfen und lästern sie sogar aus Frust und Unzufriedenheit über den Anderen.

So wird es auch mit den ökumenischen Partnern sein. Sie versammeln sich zwar um einen gemeinsamen Tisch. Aber an diesem sind sie sich doch schon nicht einig, was das gemeinsame Mahl bedeutet. Dann gehen sie anschließend wieder auseinander und die einen wollen lieber bei ihrer Lutherbibel bleiben, die anderen ihre Heiligen weiter verehren. Die einen wollen weiterhin kein Amt und nur die notwendigsten Sakramente und verbannen alles was nicht wirklich in der Bibel steht als heidnisch um sich gleichzeitig aber dem Zeitgeist anzunähern. Und die anderen wissen genau, wenn sie das Heilige zu sehr profanisieren, dann verlieren sie ihren Wesenskern. Und sie erheben im Gegenteil sogar scheinbar alltägliches mystagogisch zum Sakramentalen weil sie in allem letztlich Gott erkennen. Und sie wissen genau, dass sie nicht von dieser Welt sein sollen. Und so klagen sie unter jeweils ihresgleichen über den anderen und erkennen irgendwann, dass die Beziehung von Anfang an zu schwierig, die Erwartungen zu hoch gehängt waren und dass es besser ist, wenn man sich trennt und jeder seinen Weg geht.

Alle wollen eigentlich Priester sein

Aber nicht alle dürfen, können Priester sein. Und weil der Wunsch aber so tief sitzt, will man gefälligst das Priesteramt geöffnet haben, für verheiratete Männer und auch für Frauen (auch verheiratete?). Aber weil das so schnell oder so einfach oder auch gar nicht geht, findet man das Priestertum ja eigentlich auch doof! Und überhaupt: sind wir nicht alle zum allgemeinen Priestertum berufen und dürfen deshalb auch irgendwie ein bisschen Priester spielen? Also alle Laien und Laiinnen (?) sind doch auch Priester und Priesterinnen!

So hört man es hier und dort und überall! Mir geht das sowas von auf den Nerv dieses Gerede vom allgemeinen Priestertum!

Hinter all dem Gerede vom Allgemeinen Priestertum steckt doch eben diese Eifersucht, nicht auch ein „echter“ Priester sein zu dürfen. Alles wird über das „Priester sein oder nicht sein“ definiert – aber keiner gibt’s zu! Es ist ein „Kampf-Krampf“ um Selbstverwirklichung und Anerkennung. Aber Priester – und übrigens auch Diakon oder Bischof – wird man nicht für sich, seinen Ego oder sein Seelenheil. Nein dazu wird man berufen! Und wer nicht berufen wird ist deswegen kein geringerer Mensch.

Denn sind wir nicht alle vor allem Christen? Und kann man sich nicht einfach als Christ engagieren? Draußen in der Welt, draußen wo Menschen Hilfe, Trost, Heilung, Vergebung, Beistand, Rettung brauchen?

Es gäbe für Christen so viel zu tun, da braucht’s nicht oft einen allgemeinen oder auch geweihten Priester! Einfach nur einen gläubigen, liebenden Menschen, einen Christen!

Sakramentale Kirche

Eine Kirche, die sich nicht als sakramental versteht, ist wie der Fußabdruck Gottes in irdischem Sand.

Eine Kirche, die sich sakramental versteht, ist wie der Fuß Gottes, der den Abdruck in den Sand drückt.

Apostolisches Glaubensbekenntnis

Das apostolische Glaubensbekenntnis wird in jeder Messe, bei jeder Taufe und auch anderen Begebenheiten gesprochen.

Selbst Christen, die nicht regelmäßig oder nachmal auch gar nicht mehr in die Kirche gehen, können es auswendig.

Es ist ein Bekenntnis, in dem jedes Wort genau bedacht ist und seine Bedeutung hat und die Väter der Kirche viel darum gerungen haben. Jeder, der es spricht, bekennt sich zu einer existentiellen, grundlegenden Glaubenseinstellung.

Nun ist es nicht abzustreiten, dass das regelmäßige Beten in den Gottesdiensten auch zu einem Automatismus führt, die Bekennenden nicht mehr bewusst sagen was sie glauben.

Um dem entgegen zu wirken, versuchen sich manche an Umformulierungen, die inhaltlich das gleiche sagen aber mit anderen Worten – dies tun sie, um die Bekennenden wieder aufmerksamer zu machen. Das ist gut gemeint.

Aber ist es auch gut?

Wie gesagt, das apostolische Glaubensbekenntnis ist die Essenz des christlichen Glaubens um die viele viel gerungen, ja gekämpft haben und auch heute noch viele sogar ihr Blut dafür geben müssen.

Es muss also wohl bedacht sein, was da bekannt wird – es kann manchen das Leben kosten!

Nun gehen also wohlmeinende Liturgen her und geben den Gottesdienstbesuchern idealer Weise schon vor dem Gottesdienst eines dieser wohlmeinend umformulierten Bekenntnisse an die Hand, damit dann im Gottesdienst alle schön brav das "Alte" neu verpackt bekennen.

Ist das gegenüber dem Gottesdienstbesucher fair?

Es wird ihm ja nicht nur unterstellt, er bekenne sich nicht mehr bewusst, sondern es wird von ihm erwartet, dass er kurzfristig ein Bekenntnis spricht, welches er kaum vorher überprüfen konnte, ob es das richtige ist!

Das ist in gewisser Weise fast Nötigung!

Es ist schon schlimm, wenn man das Kleingedruckte von Verträgen kaum in Ruhe lesen kann, aber es geht eigentlich gar nicht an, so mal eben nebenher in einem Gottesdienst sich ungeprüft zu etwas zu bekennen, was andere mal so eben umformuliert haben.

Wer so etwas von den Gläubigen, den Gottesdienstbesuchern erwartet, ist nicht modern oder aufrüttelnd, nein er ist unverantwortlich und überheblich, weil er über die Bekennenden hinweg geht, ihr Bekenntnis nicht ernst nimmt und es missachtet!

Erneuerung der Kirche

"... Kirche hat die Chance, verlorenes Vertrauen zurück zu gewinnen und wieder mehr an Bedeutung im Leben der Menschen zu erhalten. …".

Solche oder ähnliche Aussagen findet man im Kontext zum Dialogprozess oder dem Gewinnen neuer Gemeinderäte oder Ehrenamtlicher für Projekte die sich der Zukunft der Kirche verschrieben haben.

Mögen sich die Verfasser solcher Aussagen noch so mühen, bisher scheint immer noch gerade das (scheinbare) Problem "Zukunft der Kirche" das Problem selbst zu sein! Und solange das so bleiben wird, werden gerade diejenigen, die sich am meisten mühen, eben genau dadurch der Lösung im Wege stehen! Warum?

Hinter all den Fragen und Diskussionen in dieser bewegten Zeit steckt ein verborgener Egozentrismus. Egal welche Aktion, welcher Aktionismus, welche gute Tat oder welches Gebet: es geht immer um uns selbst, um unseren Selbsterhalt – als einzelner Glaubender, als Gemeinde, als Diözese, als Deutsche Katholische Kirche oder als Katholische Weltkirche.

Immer steckt die Frage dahinter "Was muss ich tun, damit mein/unser Glaube wieder mehr bei den anderen ankommt und die anderen mich akzeptieren oder gar zu mir (zurück) kommen."

Und: "Ich bin bereit vieles oder gar alles dafür zu tun."

Nur eines nicht: Loslassen! Sich selbst loslassen! Es geht immer wieder zuerst um den Selbsterhalt und weniger um den Dienst an Gott und dem Nächsten um seiner Selbst willen.

Dialogprozess II

Am Rande des Dialogprozesses:

Da werden immer wieder im und nach und trotz dem Dialogprozess kritische Fragen gestellt und Veränderungen gefordert. Klar, denn der Dialogprozess war und ist ja noch kein Konzil! Wenn man dann aber versucht, zu erklären, warum etwas so oder so ist (noch oder auch schon längst!), dann wird einem ganz schnell nicht mehr zugehört.

So z.B. bei der Frage, warum evangelische Christen nicht in einer katholischen Eucharistiefeier zur Kommunion dürften: man erklärt, dass jeder Christ, wenn er das Hochgebet innerlich nachvollziehen kann, den Leib und das Blut Christi empfangen dürfe. Ungläubiges, wortloses Staunen! Dann, nach Zeiten, kommen die gleichen Fragen von den gleichen Leuten wieder auf den Tisch!

Woran liegt das? War die Erläuterung nicht nachvollziehbar, zu kompliziert? Wurde aneinander vorbei geredet? Oder will man sich garnicht auf die Antwort einlassen, weil man dann sich und seine bisherige Haltung des Widerspruchs aufgeben muss? Oder sind die Menschen heute gar nicht mehr bereit, sich für die Dinge des Glaubens kognitiv und spirituell anzustrengen, sich um Antworten und Wahrheiten zu bemühen wenn es nicht von vornherein die eigenen sind?

Gefragt wird auch:
„Wie kommen wieder mehr Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche in die Kirche?“.

Diese Frage wird sehr oft gestellt, wenn über unsere Kirche und ihre Zukunft diskutiert wird. „Wenn die Eltern nicht in ihrer Erziehung dahinter sind, dann kommen die Kinder nicht.“ so oder ähnlich hört man‘s dann aus vielen Mündern. Die Forderung scheint im Raum zu stehen, dass man die Eltern angehen müsse, dass sie ihre Kinder gefälligst religiös zu erziehen und Sonntags in die Kirche zu bringen hätten. Ist diese Forderung realistisch? Ist das nicht fast so naiv wie der Versuch anderer religiöser Gemeinschaften, am hellen Tage an der Haustüre Menschen für ihre Sache (ihren Glauben?) zu gewinnen? Im Ernst: welche Eltern, die selber nicht mehr kirchlich sozialisiert sind, würden sich von solch einer Forderung angesprochen fühlen?

Was bleibt? Vielleicht dies: dort wo Kinder in unseren Gemeinden auftauchen, ihnen mit Interesse, mit Wertschätzung zu begegnen. Ihnen das Gefühl geben, dass sie willkommen sind, dass sie gefördert und gefordert werden, dass Gemeinde ein Ort ist wo man SEIN darf!

Eine Frau berichtete von einem Jungen, der regelmäßig allein (ohne Eltern) aus einem Teilort zum Ministrieren kommt. Sie spricht ihn an, interessiert sich für ihn, lobt ihn, zeigt ihm, dass er wahrgenommen, wertgeschätzt und willkommen ist. Dies wird vielleicht dem Jungen in seiner Entscheidung helfen, allein Sonntags den Weg zum Gottesdienst auf sich zu nehmen – und der Gemeinde, einen engagierten Ministranten in den eigenen Reihen zu wissen.

Auch das wird angefragt:

„Das Wort ”katholisch” im Glaubensbekenntnis grenzt die anderen Christen aus.“ Man meint, das Glaubensbekenntnis dahingehend entschärfen zu müssen, dass man statt „katholische“ („ ... die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche ... “) lieber „christliche Kirche“ sagen müsse, weil man ja die evangelischen Christen nicht ausgrenzen oder brüskieren wolle. Dahinter steckt dann eigentlich Unwissen bei vielen (auf allen konfessionellen Seiten) darüber, was „katholisch“ eigentlich heißt: „das Ganze betreffend“, „allgemein“. Also genau das Gegenteil von dem, was befürchtet wird. Wer also das Glaubensbekenntnis mit dem Wort „katholisch“ spricht, der grenzt eben nicht evangelische Christen aus, sondern nimmt sie – und nicht nur sie sondern in gewisser Weise alle Menschen – mit hinein in seinen Glauben. Ganz abgesehen davon wird hier ja nicht von der römisch-katholischen Kirche, der Amtskirche gesprochen sondern von der mystischen Kirche, die mehr ist als die in dieser Gegenwart existierende römisch-katholische Amts-Kirche. Hier kommt man dann zur Frage, was eigentlich Kirche ist …

Was bei alldem noch nachdenklich macht: Bei solcherlei mangelndem Wissen in fundamentalen Dingen wird aber im gleichen Umfeld, auf gleicher Gesprächsebene im Zuge des Dialogprozesses darüber diskutiert oder gar gefordert, was und wie sich die Kirche (die römisch-katholische) zu verändern hat. Es wird u.a. über Ämter und Strukturen dieser Kirche gestritten und geklagt und hat dabei nicht im Blick, dass hier nicht über irgend eine x-beliebige gesellschaftliche Gruppierung, irgend ein Verein geredet wird, sondern über eine Kirche, also eine heilige, sakramentale, zeichenhafte Gemeinschaft, in der es nicht primär um Strukturen, um Angepasstheit und Gleichheit, um Funktionieren in und mit gesellschaftlichen Normen geht, sondern die zu allererst auf den Höchsten verweist.

Kirche kann in ihren wesentlichen Dimensionen niemals demokratisch, mehrheitlich, weltlich angepasst, begründet werden. Nicht die Menschen in der Kirche bestimmen was und wie Kirche ist, sondern der der sie ins Dasein rief und ruft. Sonst könnte es ja z.B. sein, dass irgendwann, weil in der breiten gesellschaftlichen Norm so üblich, die Menschen in der Kirche darüber abstimmen, ob es noch einen Gott gibt oder nicht.

Auch die aktuelle, viel diskutierte Frage, wer wann wie Priester, Diakon, oder gar Bischof werden kann, ist nicht eine rein säkulare, rationale Frage wie z.B. in einem Unternehmen. Es „darf“ in der Kirche nicht einfach jede/r Priester werden wie man anderweitig Ingenieur oder Wissenschaftler oder Politiker oder sonst was wird, sondern man wird berufen: nicht zu einem Beruf „Priester“ sondern zu einem religiösen Dienst, der Berufung ist; nicht um einen „Job“ in einem Unternehmen zu machen mit dem man Geld verdienen und seinen (sozialen) Neigungen nachgehen kann, sondern in allererster Linie um einen priesterlichen Dienst in der Kirche zu vollziehen zu dem man sein restliches Leben bestimmt ist und der einen in einen religiösen Stand versetzt der, zeichenhaft und wesenhaft, auf etwas höheres verweist (dies übrigens auch wie die kirchliche Ehe ... die ja auch mehr ist als eine standesamtliche).

Wie viele ...

Eine fiktive Umfrage:

Wie viele Menschen glauben noch an einen Gott? Sehr viele!

Wie viele Menschen glauben noch an Jesus als den Sohn Gottes? Viele!

Wie viele glauben noch an die Auferstehung? Nicht mehr viele!

Wie viele glauben an eine Wiedergeburt? Sehr viele!

Wie viele glauben an Engel? Sehr viele!

Wie viele gehen nur noch an Weihnachten in die Kirche? Sehr viele!

Wie viele wissen noch, was an Weihnachten, Ostern und Pfingsten gefeiert wird? Nicht mehr viele!

Wie viele Menschen gehen wohl noch regelmäßig in die Kirche? Nicht mehr viele!

Von den Wenigen, die noch in die Kirche gehen, wie viele von ihnen gehen noch in einen katholischen Gottesdienst? Nicht mehr viele!

Wie viele, die nicht mehr in die Kirche gehen, egal welcher oder gar keiner Konfession, haben den Wunsch an die Katholische Kirche, dass sie sich ändert? Sehr viele!

Wie viele hoffen, dass der nächste Papst alles anders macht? Sehr viele!

Wie viele von all denen fänden es dann gut, wenn Priester heiraten dürften? Sehr viele!

Wie viele von all denen fänden es dann gut, wenn Frauen zur Weihe zugelassen würden? Sehr viele!

Wie viele von all denen fänden es dann gut, wenn Papst, Bischöfe, Priester und Diakone von Laien gewählt würden? Sehr viele!

Wie viele fänden es dann gut, wenn die Kirche ihre Gesetze über Bord werfen würde? Sehr viele!

Wie viele von all denen fänden es dann gut, wenn die Gottesdienste „fetziger“ wären? Sehr viele!

Wie viele von all denen würden sich dann vornehmen, wenn all das eintreten würde, öfters in die Kirche zu gehen? Sehr viele!
Wie viele von eben genau all denen wären dann – wenn all das endlich eingetreten ist – tatsächlich bereit, dafür an den meisten Sonntagen nicht auszuschlafen, nicht zu joggen, nicht zu biken, nicht gemütlich zu brunchen, nicht mit dem Fußball- Handball- oder Volleyballverein auf ein Turnier zu gehen, nicht einen Tagesausflug zu machen? Ich fürchte, nicht viele!

Wie viele wären dann auch noch bereit, aus ihrem Glauben heraus sich für andere Menschen einzusetzen, ihren Glauben zu bekennen, wenn es sein muss unter Einsatz ihres Rufes oder gar ihres Lebens? Ich fürchte, sehr wenige!

Herr, gib mir Kraft und Mut, an dich zu glauben, dich zu bekennen, in deinem Namen den Menschen zu dienen, zu deiner Kirche zu stehen, egal was kommt!

Fromme, gute Christen

Oft hört man: „In der Kirche, da sitzen immer die, die ganz fromm tun und wenn sie dann nach Hause kommen, dann schimpfen sie über die Nachbarn, behandeln ihre Kinder schlecht etc. etc. – das sind doch falsche Christen, denn sie sind auch nicht besser als alle anderen.“.

Ich frage mich: sind wir nicht gerade auch deswegen Christen und als solche in der Kirche?

Vielleicht genau deswegen, weil wir wissen, dass wir Menschen (alle Menschen) schwach und fehlerhaft sind?

Aber vielleicht anders als manch andere unsere Schwachheit, unsere Fehlerhaftigkeit, ja vielleicht sogar unsere Boshaftigkeit erkannt haben und wissen, dass die wenigsten Menschen sich wirklich wesentlich verändern können und wir gerade deswegen auf die Gnade eines Gottes angewiesen sind?

Wer sollte in der Kirche sitzen wenn nicht wir Sünder? Hat Jesus nicht gesagt: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt sondern die Kranken?

Christ und Kirchgänger ist man nicht, weil man gut ist (also „ein guter Christ“), sondern weil man auf die Gnade und Liebe Gottes durch Jesus Christus hofft – und: weil diese Gnade uns zugesagt und in den Sakramenten für uns erfahrbar ist.

Zu 3 ökum. Vorträgen zum Judentum in Sulzbach:

Wenn man da herausgehört hat, wie viel hier im Judentum in den privaten Gebeten und geistlichen Übungen und in den Gottesdiensten steckt, welche Fülle an Gesang, an Lesungen, an Gebet, dann erscheinen unsere Gottesdienste in ihrer Gestaltung manchmal nur noch als reine Pflichterfüllung. Es wird alles weggespart – inhaltliches und emotionales – was den Besucher auch nur ansatzweise herausfordern und anstrengen könnte.

Dass die letzten verbliebenen Besucher, die sogar noch auf der Suche nach Spiritualität sind, dann irgendwann auch noch wegbleiben von etwas, das eigentlich nichts mehr ist als warme Luft – wen wundert's?!

Am Rande des Dialogprozesses

Am Rande des Dialogprozesses:

„Wie kommen wieder mehr Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche in die Kirche?“ Diese Frage wird sehr oft gestellt, wenn über unsere Kirche und ihre Zukunft diskutiert wird. „Wenn die Eltern nicht in ihrer Erziehung dahinter sind, dann kommen die Kinder nicht.“ so oder ähnlich hört man‘s dann aus vielen Mündern. Die Forderung scheint im Raum zu stehen, dass man die Eltern angehen müsse, dass sie ihre Kinder gefälligst religiös zu erziehen und Sonntags in die Kirche zu bringen hätten. Ist diese Forderung realistisch? Ist das nicht fast so naiv wie der Versuch anderer Religiösen Gemeinschaften, am hellen Tage an der Haustüre Menschen für ihre Sache (ihren Glauben?) zu gewinnen. Im Ernst: welche Eltern, die selber nicht mehr kirchlich sozialisiert sind, würden sich von solch einer Forderung angesprochen fühlen? Was bleibt? Vielleicht dies: dort wo Kinder in unseren Gemeinden auftauchen, ihnen mit Interesse, mit Wertschätzung zu begegnen. Ihnen das Gefühl geben, dass sie willkommen sind, dass sie gefördert und gefordert werden, dass Gemeinde ein Ort ist wo man SEIN darf! Eine Frau berichtete von einem Jungen, der regelmäßig allein (ohne Eltern) aus einem Teilort zum Ministrieren kommt. Sie spricht ihn an, interessiert sich für ihn, lobt ihn, zeigt ihm, dass er wahrgenommen, wertgeschätzt und willkommen ist. Dies wird vielleicht helfen: dem Jungen in seiner Entscheidung, allein Sonntags den Weg zum Gottesdienst auf sich zu nehmen – und der Gemeinde, einen engagierten Ministranten in den eigenen Reihen zu wissen.

„Das Wort ”katholisch” im Glaubensbekenntnis grenzt die anderen Christen aus.“ Immer wieder hört man auch solche Sätze. Man meint, das Glaubensbekenntnis dahingehend entschärfen zu müssen, dass man statt „katholische“ („ … die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche … “) lieber „christliche Kirche“ sagen müsse, weil man ja die evangelischen Christen nicht ausgrenzen oder brüskieren wolle. Dahinter steckt dann eigentlich Unwissen bei vielen (auf allen konfessionellen Seiten) darüber, was „katholisch“ eigentlich heißt: „das Ganze betreffend“, „allgemein“. Also genau das Gegenteil was befürchtet wird. Wer also das Glaubensbekenntnis mit dem Wort „katholisch“ spricht, der grenzt eben nicht evangelische Christen aus, sondern nimmt sie – und nicht nur sie sondern in gewisser Weise alle Menschen – mit hinein in seinen Glauben. Ganz abgesehen davon wird hier ja nicht von der römisch-katholischen Kirche, der Amtskirche gesprochen sondern von der mystischen Kirche, die mehr ist als die in dieser Gegenwart existierende römisch-katholische Amts-Kirche. Hier kommt man dann zur Frage, was eigentlich Kirche ist …

Was bei alldem noch nachdenklich macht: Bei solcherlei mangelndem Wissen in fundamentalen Dingen, wird aber im gleichen Umfeld, auf gleicher Gesprächsebene im Zuge des Dialogprozesses darüber diskutiert oder gar gefordert, was und wie sich die Kirche (die römisch-katholische) zu verändern hat. Es wird u.a. über Ämter und Strukturen dieser Kirche gestritten und geklagt und hat dabei nicht im Blick, dass hier nicht über irgend eine x-beliebige gesellschaftliche Gruppierung, irgend ein Verein geredet wird, sondern über eine Kirche, also eine heilige, sakramentale, zeichenhafte Gemeinschaft, in der es nicht primär um Strukturen, um Angepasstheit und Gleichheit, um Funktionieren in und mit gesellschaftlichen Normen geht, sondern die zu allererst auf den Höchsten verweist. Kirche kann in ihren wesentlichen Dimensionen niemals demokratisch, mehrheitlich, weltlich angepasst, begründet werden. Nicht die Menschen in der Kirche bestimmen was und wie Kirche ist, sondern der der sie ins Dasein rief und ruft. Sonst könnte es ja z.B. sein, dass irgendwann, weil in der breiten gesellschaftlichen Norm so üblich, die Menschen in der Kirche darüber abstimmen, ob es noch einen Gott gibt oder nicht.

Auch die aktuelle, viel diskutierte Frage, wer wann wie Priester, Diakon, oder gar Bischof werden kann, ist nicht eine rein säkulare, rationale Frage wie z.B. in einem Unternehmen. Es „darf“ in der Kirche nicht einfach jede/r Priester werden wie man anderweitig Ingenieur oder Wissenschaftler oder Politiker oder sonst was wird, sondern man wird berufen: nicht zu einem Beruf „Priester“ sondern zu einem religiösen Dienst, der Berufung ist; nicht um einen „Job“ in einem Unternehmen zu machen mit dem man Geld verdienen und seinen (sozialen) Neigungen nachgehen kann, sondern in allererster Linie um einen priesterlichen Dienst in der Kirche zu vollziehen zu dem man sein restliches Leben bestimmt ist und der einen in einen religiösen Stand versetzt der, zeichenhaft und wesenhaft, auf etwas höheres verweist (dies übrigens auch wie die kirchliche Ehe ... die ja auch mehr ist als eine standesamtliche).