Fromme, gute Christen

Oft hört man: „In der Kirche, da sitzen immer die, die ganz fromm tun und wenn sie dann nach Hause kommen, dann schimpfen sie über die Nachbarn, behandeln ihre Kinder schlecht etc. etc. – das sind doch falsche Christen, denn sie sind auch nicht besser als alle anderen.“.

Ich frage mich: sind wir nicht gerade auch deswegen Christen und als solche in der Kirche?

Vielleicht genau deswegen, weil wir wissen, dass wir Menschen (alle Menschen) schwach und fehlerhaft sind?

Aber vielleicht anders als manch andere unsere Schwachheit, unsere Fehlerhaftigkeit, ja vielleicht sogar unsere Boshaftigkeit erkannt haben und wissen, dass die wenigsten Menschen sich wirklich wesentlich verändern können und wir gerade deswegen auf die Gnade eines Gottes angewiesen sind?

Wer sollte in der Kirche sitzen wenn nicht wir Sünder? Hat Jesus nicht gesagt: Nicht die Gesunden brauchen den Arzt sondern die Kranken?

Christ und Kirchgänger ist man nicht, weil man gut ist (also „ein guter Christ“), sondern weil man auf die Gnade und Liebe Gottes durch Jesus Christus hofft – und: weil diese Gnade uns zugesagt und in den Sakramenten für uns erfahrbar ist.

Herbstlaub

Es fallen die Blätter, die bunten, vom Wind gelöst zur Erde nieder.

Mit dem Besen vereine ich sie, zu einem großen Haufen. Leuchtend liegt er da, Frucht des Sommers, Ernte des Herbstes und Zeuge meiner Arbeit.

Fährt der Wind, der sie gelöst noch einmal drüber, und löst sie wieder.

Löst den Zeugenberg meiner Mühen auf, zerstäubt ihn in alle Winden Richtungen.

Doch ich, der bemüht ist, der Welt Ordnung zu geben, ergreife erneut den Besen.

Sammle wieder was gelöst, häufe wieder was Zeugnis geben wird von meiner Arbeit.

Doch welch Schöpfers Chaoskräfte walten in einem fort!

Wieder, immer wieder fahren sie über meines Laubes Hort, tragen jedes Blatt immer wieder an einen andren Ort!

Was soll ich tun?

Das Laub schon vor dem Herbst vom Baume reißen? Den Wind mit unbekannten Kräften binden?

Dem Besen in der Rechten, einen Besen in der Linken zur Seite stellen?

Das Laub mit Steinen beschweren oder mit Leimen hindern?

So ziehe ich betrübt von dannen, lass stehen alle Besen. Wie ich so laufe fort, sehe ich an einem schatt‘gen Ort, wie der Wind von ganz allein, sammelt alles Laub nun ein.

Hängen bleibt‘s wie von Geisterhand an einer großen Steinenwand.

Was bin ich? Was andres als ich denk? Was Richtiges am falschen Ort? Was Falsches am richtigen Ort? Zu klein, zu langsam, zu dumm?

Nichts von alle dem! Macht ich nur die Augen auf, und sehe nicht mein, sondern der Dinge Lauf. Nehm an, was gegeben ist, und kämpf nicht weiter an, gegen Winde die nicht zu bänd‘gen sind.

Und wie ich so sitze und sehe, die Dinge so langsam verstehe, erkenne ich mit einem Stechen im Herzen und doch voll Erleichterung:

Dies Geschehen steckt nicht nur im Laub. Überall begegnet‘s mir – der Wind, es ist das Leben, das lebendiger ist, als ich es mir erlaub.

Beruf und Berufung

Was ist der Unterschied zwischen Beruf und Berufung?

Beruf bringt Geld.

Berufung kostet dich dein Leben.

Exerzitien im Kloster Mehrerau

Ein paar Impulse am Rande der Exerzitien zum 10-jährigen Weihe-Jubiläum.

Gedanken:

Der Unterschied zwischen Engel und Mensch: der Engel kann nicht anders als Gott loben, darin besteht seine Unfreiheit, seine gute Tat, seine Liebe ist keine freie, freiwillige, auf Liebe gegründete Entscheidung. Der Mensch aber ist in all seinem Tun und Denken frei. Es geht vielleicht gar nicht um seine Gedanken und Taten, die fern von Gott sind – diese tut er weil er sie tut, weil er kann, weil es Seins ist. Das Gute aber was er tut und denkt, ist das was vor Gott allein zählt, denn es ist für Gott und Mensch eine freiwillige Gabe, eine Bereicherung. Gott grämt sich vielleicht weniger über unsere Sünden – denn sie sind nichts als das ausleben unseres Seins – als dass er sich vielmehr über jede Zuwendung zu ihm und zu den Mitmenschen freut!

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Nichts strahlt von sich aus – außer in Christus dem Auferstandenen Gott selbst!

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Bei der Austeilung des Leib Christi nimmt der Diakon die Hände der Menschen war! Er „liest“ an ihnen genauso wie Jesus bei der Fußwaschung an den Füßen der Jünger „gelesen“ hatte.

Unser Geist neigt dazu, sich in Zukunft oder Vergangenheit, in Sorgen und Nöten oder fernen Hoffnungen zu verlieren. Der Körper ist es, der uns immer wieder ins Hier und Jetzt zurück holt – leider all zu oft z.B. durch Schmerzen. Positiv können wir hier für die Liturgie, für die Gottesbegegnung ableiten: Die Gleichförmigkeit der Bewegungen, die Rituale in der Liturgie verhelfen im Hier und Jetzt – in der Gegenwart Gottes zu sein. Zumindest oder zuerst mit dem Körper, dann folgt vielleicht auch der Geist.

Gegenwart Gottes im Leib Christi:

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Noch nie so genial bezeugt wie bei diesem Tabernakel: Zwei Engel an den Innenseiten der Türen bewachen und verehren den Leib Christi. Ob offen oder verschlossen, wahrhaftige ewige Anbetung!

Gebete:

»Herr, Du hast mich doch schon gekannt als Du mich berufen hast! Hilf mir, mich so anzunehmen, wie Du mich schon damals angenommen hast!«.

»Herr, ich danke Dir, dass ich da bin, für die zehn Jahre, die ich erleben und „überleben“ durfte«.

Gott – Das Nichts, das Sein und das Universum in seiner immer schnelleren Ausdehnung

Das Nichts ist nicht das Nichtvorhandensein von etwas – so wie z.B. die Dunkelheit das nicht Vorhandensein von Licht ist – denn die Dunkelheit definiert sich durch bzw. bezieht sich auf etwas, nämlich das Licht. Somit ist Dunkelheit auch etwas.

Das Absolute Nichts aber ist nur dann nichts, wenn es in keinem Bezug zu irgendetwas steht. Da es aber etwas gibt, nämlich alles was ist, ob Staubkorn, Gedanke, oder Universum, kann es in unserer Realität das Absolute Nichts nicht geben (also auch nicht den Tod).

Wenn es aber das Absolute Nichts einmal vor allem was ist gegeben haben sollte – und das ist dann auch schon wieder ein Bezug – dann hielte das Nichts sich selbst nicht aus, das Absolute Nichts würde in sich selbst verschwinden. Eine Implosion des Nichts in sich selbst. Aus dieser Implosion würde aufgrund der Tatsache, dass eine Implosion etwas ist, etwas entstehen, nämlich das Gegenteil: eine Explosion des Sein. Dieses Sein wäre das Gegenteil von Nichts und in letzter Konsequenz unendlich. Demnach wäre der Urknall nicht eine Ausbreitung von einer begrenzten Menge von Elementen sondern eine unendliche Neuentstehung und Ausbreitung von Existenz. Die Erschaffung der Welt dauert also noch an?!

Zu 3 ökum. Vorträgen zum Judentum in Sulzbach:

Wenn man da herausgehört hat, wie viel hier im Judentum in den privaten Gebeten und geistlichen Übungen und in den Gottesdiensten steckt, welche Fülle an Gesang, an Lesungen, an Gebet, dann erscheinen unsere Gottesdienste in ihrer Gestaltung manchmal nur noch als reine Pflichterfüllung. Es wird alles weggespart – inhaltliches und emotionales – was den Besucher auch nur ansatzweise herausfordern und anstrengen könnte.

Dass die letzten verbliebenen Besucher, die sogar noch auf der Suche nach Spiritualität sind, dann irgendwann auch noch wegbleiben von etwas, das eigentlich nichts mehr ist als warme Luft – wen wundert's?!

Am Rande des Dialogprozesses

Am Rande des Dialogprozesses:

„Wie kommen wieder mehr Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche in die Kirche?“ Diese Frage wird sehr oft gestellt, wenn über unsere Kirche und ihre Zukunft diskutiert wird. „Wenn die Eltern nicht in ihrer Erziehung dahinter sind, dann kommen die Kinder nicht.“ so oder ähnlich hört man‘s dann aus vielen Mündern. Die Forderung scheint im Raum zu stehen, dass man die Eltern angehen müsse, dass sie ihre Kinder gefälligst religiös zu erziehen und Sonntags in die Kirche zu bringen hätten. Ist diese Forderung realistisch? Ist das nicht fast so naiv wie der Versuch anderer Religiösen Gemeinschaften, am hellen Tage an der Haustüre Menschen für ihre Sache (ihren Glauben?) zu gewinnen. Im Ernst: welche Eltern, die selber nicht mehr kirchlich sozialisiert sind, würden sich von solch einer Forderung angesprochen fühlen? Was bleibt? Vielleicht dies: dort wo Kinder in unseren Gemeinden auftauchen, ihnen mit Interesse, mit Wertschätzung zu begegnen. Ihnen das Gefühl geben, dass sie willkommen sind, dass sie gefördert und gefordert werden, dass Gemeinde ein Ort ist wo man SEIN darf! Eine Frau berichtete von einem Jungen, der regelmäßig allein (ohne Eltern) aus einem Teilort zum Ministrieren kommt. Sie spricht ihn an, interessiert sich für ihn, lobt ihn, zeigt ihm, dass er wahrgenommen, wertgeschätzt und willkommen ist. Dies wird vielleicht helfen: dem Jungen in seiner Entscheidung, allein Sonntags den Weg zum Gottesdienst auf sich zu nehmen – und der Gemeinde, einen engagierten Ministranten in den eigenen Reihen zu wissen.

„Das Wort ”katholisch” im Glaubensbekenntnis grenzt die anderen Christen aus.“ Immer wieder hört man auch solche Sätze. Man meint, das Glaubensbekenntnis dahingehend entschärfen zu müssen, dass man statt „katholische“ („ … die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche … “) lieber „christliche Kirche“ sagen müsse, weil man ja die evangelischen Christen nicht ausgrenzen oder brüskieren wolle. Dahinter steckt dann eigentlich Unwissen bei vielen (auf allen konfessionellen Seiten) darüber, was „katholisch“ eigentlich heißt: „das Ganze betreffend“, „allgemein“. Also genau das Gegenteil was befürchtet wird. Wer also das Glaubensbekenntnis mit dem Wort „katholisch“ spricht, der grenzt eben nicht evangelische Christen aus, sondern nimmt sie – und nicht nur sie sondern in gewisser Weise alle Menschen – mit hinein in seinen Glauben. Ganz abgesehen davon wird hier ja nicht von der römisch-katholischen Kirche, der Amtskirche gesprochen sondern von der mystischen Kirche, die mehr ist als die in dieser Gegenwart existierende römisch-katholische Amts-Kirche. Hier kommt man dann zur Frage, was eigentlich Kirche ist …

Was bei alldem noch nachdenklich macht: Bei solcherlei mangelndem Wissen in fundamentalen Dingen, wird aber im gleichen Umfeld, auf gleicher Gesprächsebene im Zuge des Dialogprozesses darüber diskutiert oder gar gefordert, was und wie sich die Kirche (die römisch-katholische) zu verändern hat. Es wird u.a. über Ämter und Strukturen dieser Kirche gestritten und geklagt und hat dabei nicht im Blick, dass hier nicht über irgend eine x-beliebige gesellschaftliche Gruppierung, irgend ein Verein geredet wird, sondern über eine Kirche, also eine heilige, sakramentale, zeichenhafte Gemeinschaft, in der es nicht primär um Strukturen, um Angepasstheit und Gleichheit, um Funktionieren in und mit gesellschaftlichen Normen geht, sondern die zu allererst auf den Höchsten verweist. Kirche kann in ihren wesentlichen Dimensionen niemals demokratisch, mehrheitlich, weltlich angepasst, begründet werden. Nicht die Menschen in der Kirche bestimmen was und wie Kirche ist, sondern der der sie ins Dasein rief und ruft. Sonst könnte es ja z.B. sein, dass irgendwann, weil in der breiten gesellschaftlichen Norm so üblich, die Menschen in der Kirche darüber abstimmen, ob es noch einen Gott gibt oder nicht.

Auch die aktuelle, viel diskutierte Frage, wer wann wie Priester, Diakon, oder gar Bischof werden kann, ist nicht eine rein säkulare, rationale Frage wie z.B. in einem Unternehmen. Es „darf“ in der Kirche nicht einfach jede/r Priester werden wie man anderweitig Ingenieur oder Wissenschaftler oder Politiker oder sonst was wird, sondern man wird berufen: nicht zu einem Beruf „Priester“ sondern zu einem religiösen Dienst, der Berufung ist; nicht um einen „Job“ in einem Unternehmen zu machen mit dem man Geld verdienen und seinen (sozialen) Neigungen nachgehen kann, sondern in allererster Linie um einen priesterlichen Dienst in der Kirche zu vollziehen zu dem man sein restliches Leben bestimmt ist und der einen in einen religiösen Stand versetzt der, zeichenhaft und wesenhaft, auf etwas höheres verweist (dies übrigens auch wie die kirchliche Ehe ... die ja auch mehr ist als eine standesamtliche).

Brüder und Schwestern

„Liebe Brüder“ oder „Liebe Schwestern und Brüder“.

Die Bemühungen um Gleichberechtigung von Mann und Frau haben auch dazu geführt, dass von Lektorinnen und Lektoren beim Vortragen der Lesungen (Perikopen) die Grußworte „Liebe Brüder“ erweitert wird in „Liebe Schwestern und Brüder“, meist ist dies in den Gemeinden unter Lektorinnen und Lektoren und Gemeindeleitern so abgesprochen. Begründung: mit den Texten sollen alle Hörerinnen und Hörer unserer Zeit angesprochen werden. Was ist jedoch mit dem weiteren Inhalt, wenn wie z.B. jetzt am Hochfest der Gottesmutter Maria in Gal, 4,4-7 auch im weiteren Text die Rede von „Sohnschaft“ und „Söhnen“ ist? In der Weiterführung obigen Denkens müssten dann auch hier von der Lektorin und vom Lektor „Tochterschaft“ und „Töchtern“ eingefügt werden – damit sich in unserer heutigen Zeit alle nicht nur von der Anrede zu Beginn, sondern auch vom Inhalt des Textes selbst angesprochen fühlen. So müsste auf die Spitze getrieben in aller letzter Konsequenz gar im Evangelium des gleichen Tages Lk 2, 16-21 dann den Hirten auch noch die Hirtinnen zugefügt werden … spätestens hier wird deutlich, dass die Lektorin oder der Lektor nicht eine politisch korrekte Rede vorträgt sondern ein historisches Zeugnis, welches zuallererst an die zur entsprechenden Zeit lebenden Zuhörer gerichtet und in eben dem damaligen Sprach- und Kulturkontext gehalten war. Gerade z.B. die vielen Briefe des Paulus waren an ganz konkrete Zeitgenossen (und Zeitgenossinnen) gerichtet.

Es ist Sache der oder des Auslegenden, der Predigerin oder des Predigers, die historische Botschaft ins heute zu übersetzen, in ihrer oder seiner Predigt, nicht aber schon im Vortrag des Lesungstextes selber. Sonst könnten wir bei vielen anderen Texten, auch an denen des Ersten Testamentes, schon beim Vortrag selber den Rotstift sowohl bei der Anrede als auch der inhaltlichen Aussage ansetzen. Wir würden dann – egal ob Mann oder Frau – z.B. statt „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ lesen: „Wenn Dir Eine oder Einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihr oder ihm auch die linke hin“. Dies wäre Anmaßung, genau so eine Zeit ausblendende Vereinnahmung, ja gar Verfremdung von Erstem Testament durch das „drüberlesen“ des Zweiten Testamentes, der Perikopen wie der Epistel, durch die Brille unserer heutigen, von der Gleichberechtigung geprägten Zeit.

Die Bibel mit ihren vielen Reibungen sollte im Rezipieren nicht geglättet, historische Inhalte nicht ausgefiltert werden, den sie soll nicht verharmonisieren sondern wachrütteln.

Davon unberührt bleibt, dass sie durch unser Zeugnis in unsere Zeit durch unser Leben und unsere Auslegung übersetzt werden muss. Sie muss nicht zurecht formuliert werden, sondern unser heutiges Leben anhand ihrer Worte durchleuchtet werden. Dabei leuchtet ihr Licht in tiefere Schichten als der nach der Frage, wer zu welcher Zeit gemeint war, ob Paulus damals schon unsere gleichberechtigten Frauen von heute gemeint hat oder nicht. Im Kontext sind wir immer alle gemeint – egal ob Männlein und/oder Weiblein.

Die geneigte Leserin und/oder der geneigte Leser möge bzw. mögen mir nachsichtig sein: dies war ein anstrengend zu schreibender Gedanke, aber mit einem zwinkernden Auge geschrieben …