Auferstehung

Eine nicht – oder früher schon mal ähnlich – gehaltene Predigt

In diesen Tagen können wir wieder auf verschiedene Versuche stoßen, wie Theologen die Auferstehung deuten. Und sie kommen immer wieder auch zu der Deutung, dass Auferstehung auch oder gar nur meint, dass wir schon in diesem Leben immer wieder aufstehen, uns aufrichten.

Mir kommt das immer wieder ein bisschen wie ein Gerede eines Motivations-Coaches oder gar eines Thrill-Commanders: steh auf, lass dich nicht gehen. Lass dich nicht hängen. Sei stark, kämpfe! Halte durch…

Mir kommt das vor wie ein verzweifeltes Versuchen die Auferstehung, die wirkliche Auferstehung von den Toten, an die man nicht so recht glauben kann, weil weil sie alles menschliche Verstehen übersteigt, so herunter zu brechen, dass ich sie irgendwie stehen lassen kann, irgendwie mit ihr etwas anfangen kann.

Wäre Auferstehung aber nur ein immer wieder neues Aufstehen im irdischen Leben, nachdem man gestolpert, gefallen gestrauchelt ist, dann wäre das wirklich nur etwas, was wir Menschen aus eigener Kraft tun. Okay, vielleicht unterstützt durch ein gutes Zureden genau solcher Theologen und ihrer Motivations-Appelle, oder durch die Hilfe von Mitmenschen.

Für mich beginnt aber Auferstehung genau da, wo ich am Ende bin, wo ich mit meinen menschlichen Kräften nichts mehr erreichen kann, wo ich am Boden liege, wo ich sogar schon tot bin. Wo keine menschlichen Kräfte reichen, mich aufzurichten, wieder zu beleben, in dieses Leben zurückzurufen. Hier fängt doch erst die Notwendigkeit einer Auferstehung an. Einer Auferstehung aus dem Tod aus der völligen Ohnmacht aus dem Nichts. Das kann ich nicht selber mit irgendwelchen nicht mehr vorhandenen letzten Reserven selber bewirken, sondern dass kann nur noch Gott bewirken. Er ist der, der mich, wenn ich am Ende bin, zu neuem Leben ruft. Er ist der, der diesen gemarterten, ausgebluteten, toten Jesus nach drei Tagen im Grab herausholt und ewiges Leben gibt.

Ist dann aber Auferstehung wirklich etwas, was ich erst am Ende meines Lebens von null auf 100 erfahre? Oder gibt es doch auch in unserem diesseitigen Leben schon Auferstehungserfahrungen, so wie es anfangs genannte Theologen versuchen zu vermitteln und was wir uns alle ja immer wieder wünschen, um ein bisschen an das Wunder glauben zu können?

Ja, solche Erfahrungen gibt es. Aber sie sind – noch einmal – nicht Erfahrungen, in denen ich mich wie Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehe, sondern Momente, Erlebnisse, in denen ich spüre: hier wirkt etwas, was ich mit meinen eigenen Kräften nicht bewirkt haben kann. Für mich sind es Momente, in denen mir in meiner Begrenztheit Dinge zuwachsen, die nicht aus mir oder aus anderen Menschen kommen. Es sind Momente, Erfahrungen, in denen ich das Gefühl, ja sogar immer mehr die Gewissheit habe, dass hier die Kraft Gottes, der Geist Gottes, der heilige Geist wirkt.

Er schenkt mir Liebe, wo ich nicht mehr lieben kann. Er gibt mir Worte ein, wo ich sprachlos bin. Er gibt mir Kraft zum Handeln, wo ich selbst gelähmt bin. Er öffnet mir die Augen und Ohren, wo ich nichts mehr sehen und hören kann.

Das sind Erfahrungen, in denen ich ein Wirken feststellen kann, welches ich nicht mehr mit eigenen Kraft-Ressourcen erklären kann. Sondern nur mit einer lebendigen Kraft, die von außen kommt. Wenn ich mit einer solchen Kraft rechnen kann, wenn ich diese erfahren kann, dann kann ich auch den Glauben zulassen, dass diese Kraft, die Kraft Gottes uns aus dem Tod zu neuem Leben erweckt.

Christus ist erstanden, er ist wahrhaft auferstanden!

Amen.

Tempelreinigung

Wort zum Sonntag – 3. Fastensonntag – erschienen am 02.03.24 im Hohenloher Tagblatt und Haller Tagblatt

Wenn Sie das hier lesen …
… was erwarten Sie dann?
Nichts? Weil Sie mit Gott, Kirche und dem Wort zum Sonntag sowieso nichts mehr anfangen können; dies nur lesen, um sich zu zerstreuen?
Oder weil Sie etwas suchen, was Ihren Glauben, Ihre Meinung und Handeln rechtfertigt, bestätigt und bestärkt?
Oder weil Sie hoffen, dass ein neuer Gedanke auftaucht, der Bisheriges in neuem oder anderem Licht erscheinen lässt?
All dies sind Erwartungen, die dem eigenen, dem unsrigen – ich schließe mich mit ein – dienen.
Damit sind wir wie die Händler im Tempel, welche Jesus vertreibt. Auch sie nutzen religiöse Vorstellungen und Riten so, dass ihnen ein eigener Vorteil entsteht. Es gibt keine Grenze, ab wann dies bedenklich wird. Es ist egal, ob es nur meinem Befinden oder dem Anhäufen von Vorteilen, gar von Geld oder Macht dient.
Jesus reinigt den Tempel weil er nicht ein Ort des Handels mit anderen Menschen, gar mit Gott ist, sondern ein Ort, an dem ich mein ganzes Leben vor Gott trage um es ihm darzubieten. Nicht zu dem, was mir gefällt, was mir gut tut, sondern zu dem, was Gott von mir will. Und das kann unbequem, ja sogar aus weltlicher Sicht zu meinem Nachteil sein.
Vieles von dem, was auch von „Kirchens“ angeboten wird, erscheint mir wie ein bunter Jahrmarkt um den Menschen etwas zu verkaufen, um die Bedürfnisse der Menschen zu bedienen und sie für die Kirche – die eigene Sache (!) – zu gewinnen. Oder zumindest wieder etwas wohlwollender zu stimmen. Hinter Vielem versteckt sich der Wunsch, dass die Welt uns bestätigt, anerkennt und mag.
Damit sind wir wie die Händler, die Jesus vertreibt: es geht nicht mehr um Gott sondern um uns selbst und unser weltliches Wohl.
Das klingt hart, unbarmherzig, gleichgültig gegenüber menschlichen Bedürfnissen, ja gar Heilung und Heil.
Die Frage ist aber nicht ob Heil oder nicht Heil, sondern welches?
Unsere Vorstellung von dem, was gut ist, was Heilung und Heil bringt, sind immer in der Gefahr, zu weltlich und zu eigennützig zu sein. Mit diesen Versuchungen wurde auch Jesus in der Wüste konfrontiert. Was hätte Jesus mit all den Angeboten des Teufels auch vermeintlich Gutes in der Welt bewirken können?
Was ist wirklich das richtige, wem diene ich wirklich?
Um das rauszufinden, sind wir gerade jetzt in der Fastenzeit angehalten, alles was uns lieb und teuer ist, an der Schwelle des Tempels, der Kirche, des Gottesdienstes abzulegen und ohne meinen Rucksack voller eigener Ideen in die Gottesbegegnung zu gehen und ihm zu vertrauen und zu sagen: „Hier bin ich, mach mich zu deinem, nicht meinem, Werkzeug!“

Exklusive Weis- und Weißheit – eigentlich eine Dummheit

Was ich noch sagen wollte!

Es ist jetzt zum Zeitpunkt dieses Blogeintrags zwar schon Ostern, aber ich fand in meinen Notizen noch folgenden Gedanken:

Wenn die Sternsinger unterwegs sind, dann sieht man so gut wie keinen König bzw. Weisen mehr, der sein Gesicht schwarz angemalt hat. Denn man will ja kein "Blackfacing" betreiben. Sowas darf man heutzutage nicht mehr.

Aber wird da nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet? Oder noch schlimmer: mit vermeintlich Gutem erst recht etwas schlechtes bewirkt?

Denn wenn einer der Sternsinger sein Gesicht schwarz anmalt, geht es nicht um Diskriminierung, sondern um ein Verdeutlichen vom Gegenteil: Der König, der da im Stall geboren wurde, ist kein exklusiver König (nur für Weiße) sondern einer, der für alle da sein möchte und von allen Menschen aller Hautfarben erkannt werden kann. Und wenn meine langjährige Sternsingererfahrung mich nicht trügt, war dies immer allen – Sternsingern als auch Gastgebern – genau als solches klar!

Wenn aber politisch korrekt nur drei Weiße Weise durch unsere Straßen ziehen, dann grenzen wir wirklich alle anderen aus. Und dann könnte man uns doch unterstellen, dass wir meinen: "Nur Weiße können Jesus erkennen, nur Weiße können Weise sein, nur zu den Weißen ist Jesus gekommen!" Das aber ist u.a. das Gegenteil von katholisch (= allumfassend).

Knecht

Wort zum Sonntag – Erntedank (27. Sonntag im Jahreskreis) – im Hohenloher Tagblatt und Haller Tagblatt

Wir feiern am Sonntag Erntedank. Ein bodenständiges, schönes Fest. Im Altarraum schöne Gabenaltäre mit den Früchten der Erde.

Und die Trockenheit diesen Sommers hat uns wieder mehr daran erinnert, wie sehr unsere Nahrung vom Wetter abhängt. Und wir werden besonders dankbar für das, was Gott uns durch die Natur schenkt.

Wenn wir aber das Evangelium am Sonntag hören (Lk 17,5-10), dann scheint das irgendwie überhaupt nicht zum Erntedank-Fest zu passen.

Bitte der Apostel „Stärke unseren Glauben!“ hat doch nichts mit Dank zu tun?

Und dann spricht Jesus auf diese Bitte hin nicht ein Gebet, träufelt sozusagen einen geistlichen Zaubertrank ein um sie so im Glauben zu stärken. Nein, er erzählt ein Gleichnis anhand eines Knechtes! Es endet mit dem Satz „… Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.“

Dies alles scheint überhaupt nicht zu Erntedank und nicht zur Bitte der Apostel zu passen. Zudem wirkt es für uns heute aus der Zeit gefallen. Nicht nur, weil wir keine Knechte mehr haben, sondern auch, weil das Gleichnis vom Knecht alles andere als dem entspricht, wie wir heute unser Christsein, unsere Nachfolge verstehen wollen. Wir wollen doch Augenhöhe mit Jesus! Wer will schon sich selbst aufgeben, will all seine lieb gewonnenen Sicherheiten loslassen und sich zum Knecht Jesu machen?

Aber finden wir so unser Glück, ja Gott? Finden wir so Antworten und Erfüllung unserer tiefsten Glaubensfragen und -Krisen?

Was also hat das Knecht-sein mit der Stärkung des Glaubens zu tun?

Nachfolge bedeutet nicht Selbstverwirklichung sondern viel mehr Selbstaufgabe.

Wenn wir uns tiefer auf Jesus und seine Nachfolge einlassen, und es wirklich wagen, von allem loszulassen, was uns lieb und teuer in dieser Welt geworden ist, wenn wir uns ihm bedingungslos übergeben, dann wird er uns nicht den Zaubertrank des Glaubens einflößen. Nein, er wird uns viel mehr ins Leben führen! In das Leben für den Nächsten. In Begegnungen und Begebenheiten in denen wir die Erfahrungen machen, dass wir aus uns heraus nichts vermögen. Und dass er dort, wo wir nicht uns selbst sondern ihm und den Menschen dienen und ihn um die Sendung des Heiligen Geistes bitten, dieser uns geschenkt wird und wirksam ist! Er wird uns so durch die Erfahrungen des Glaubenslebens reich beschenken. Der Knecht wird nach getaner Arbeit erkennen, dass er am Reich Gottes mitgebaut hat. Dann wird die Freude daran ein Geschenk sein. Weil er sieht, dass der Herr seinen Knecht nicht fallen lässt sondern für ihn sorgt, ihm alles gibt, was er für ein Leben im Glauben braucht.

Ich

Wort zum Sonntag – 12. Sonntag im Jahreskreis – im Hohenloher Tagblatt und Haller Tagblatt


Ich

„Ich würde gerne …“
„ich möchte mal …“
„Ich will auch mal …“
„Endlich will auch ich …“
Wie oft am Tag, geht mir mindestens einer dieser Gedanken, bewusst oder auch unbewusst durch den Kopf?





„Wenn einer hinter mir hergehen will, verleugne er sich selbst, nehme täglich sein Kreuz auf sich und folge mir nach.“ So hören wir es am Sonntag bei Lukas (Lk 9.23)





… verleugne sich selbst … … verleugne sich selbst … … verleugne sich selbst …


Immer wieder denke ich an diese Worte. Sie klingen so hart. Ist das wirklich ernst gemeint von diesem Jesus? Und wenn ja, bin ich dazu wirklich bereit? Wie oft am Tag müsste ich das tun, mich selbst zu verleugnen – um Jesus nachzufolgen? Punktuell gelingt es mir vielleicht schon manchmal. Aber so grundsätzlich? Viel öfters fallen mir gute Gründe ein, es nicht zu tun.

Fridolin Stier übersetzt es etwas anders: „… der sage sich los von sich …“. Das klingt nur auf’s erste hinhören besser. Beim genaueren hinhören schüttelt es mich genau so.

Nachdenklich schaue ich in den morgendlichen Spiegel und später in die Menge der Menschen, die mir draussen begegnen. Ist überhaupt irgendjemand dazu bereit?

Wann bin ich in meinem Umfeld zuletzt, ja vielleicht jemals einem Menschen begegnet, der um der Nachfolge Jesu Willen, sich von sich selbst wirklich losgesagt hat? Mühsam und ganz zart meine ich mich an jemanden zu erinnern und gerate ins Staunen über deren entschiedene Demut die tief beeindruckt und Zeugnis gibt. Gäbe es doch nur mehr Menschen von dieser Sorte!

Aber bleibe ich bei mir: Herr, hilf mir, mich von mir und meinen Wünschen und Zielen loszusagen und die Nachfolge zu wagen.